BEST PRACTICES
ENSEMBLE MODERN – Zertifikat Ökolabel
Kathrin Schulze von Ensemble Modern, mit Sitz in Frankfurt, gab Einblicke in das EcoProfit-Managementsystem (Zertifikat Ökolabel), einen Umweltmanagementansatz, der Unternehmen und Organisationen dabei unterstützt, ökologische Überlegungen in ihre Betriebsabläufe zu integrieren.
Für das Ensemble Modern sind Nachhaltigkeit und Klimaschutz seit langem wichtige Themen. Im April 2021 initiierte Johannes Schwarz, ein Fagottist des Ensembles, die Diskussion, indem er eine Sammlung von Ideen und Dokumenten zu Nachhaltigkeitsbemühungen vorlegte. Das Ensemble erkannte schnell, dass es trotz zahlreicher Ideen und Visionen an einem strukturierten Ansatz mangelte, um ihre Nachhaltigkeitsziele zu priorisieren und umzusetzen. Nach der Recherche zu möglichen Rahmenwerken kristallisierte sich EcoProfit als geeignete Lösung heraus. Dieses System bietet Organisationen einen strukturierten Weg, um umweltfreundlicher zu werden, indem es Anleitung zur Umsetzung nachhaltiger Praktiken bietet und gleichzeitig die betriebliche Effizienz berücksichtigt. Durch die Einführung von EcoProfit strebt Ensemble Modern an, eine klare Nachhaltigkeitsstrategie zu entwickeln, die ihre künstlerischen und betrieblichen Aktivitäten mit ökologischer Verantwortung in Einklang bringt.
EcoProfit-Programm
Das EcoProfit-Programm wird vor allem in kommunalen Projekten eingesetzt und zielt darauf ab, ökologische und wirtschaftliche Vorteile für teilnehmende Organisationen zu kombinieren. In Frankfurt wurde die Initiative vom Energieamt der Stadt Frankfurt in Zusammenarbeit mit der Agentur ARCOM betreut. Nach der Kontaktaufnahme mit der Stadt im Oktober 2021 erfuhr das Ensemble Modern, dass der nächste Kurs im April 2022 beginnen sollte. Aufgrund der Notwendigkeit einer ausreichenden Teilnehmerzahl wurde das Programm letztlich im September 2022 mit einer Kohorte von zwölf verschiedenen Unternehmen gestartet.
Die teilnehmenden Organisationen waren in Größe und Branche sehr unterschiedlich. Unter ihnen waren ein Immobilienunternehmen mit nur sechs Mitarbeiter*innen, ein Rentenversicherungsträger mit über 500 Mitarbeiter*innen, eine Kirchengemeinde und ein Betreiber eines öffentlichen Schwimmbads. Der einzige Teilnehmer aus dem Kultursektor war der Beck Verlag, der rund 80 Mitarbeiter*innen beschäftigt.
Das Programm dauerte ein Jahr und umfasste:
- Acht gemeinsame Workshops zu Themen wie Energie, Strom und Heizung, Abfallmanagement, gefährliche Stoffe, Wasserverbrauch, erneuerbare Energien, nachhaltige Managementsysteme, Mobilität und Beschaffung.
- Mehrere individuelle Beratungen, die von ARCOM durchgeführt wurden und auf die spezifischen Bedürfnisse jedes Unternehmens zugeschnitten waren.
- Externe Referent*innen, die zu jedem Workshop eingeladen wurden, die in verschiedenen teilnehmenden Institutionen stattfanden und Besichtigungen vor Ort beinhalteten.
- Praktische Aufgaben, bei denen die Teilnehmer*innen ihren Energieverbrauch, Heizung, Belüftung, IT-Systeme, Abfalltrennung und Sanitäranlagen analysieren und optimieren mussten.
Schwerpunkte und Herausforderungen
EcoProfit konzentriert sich hauptsächlich auf Scope 1- und Scope 2-Emissionen, also direkte und indirekte Emissionen, die Organisationen aktiv beeinflussen können. Dazu gehören:
- Strom- und Heizungsverbrauch
- Kraftstoffverbrauch von firmeneigenen Fahrzeugen
Obwohl einige Themen eher für größere Unternehmen relevant waren, profitierten alle Teilnehmer*innen von Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz und Ressourcennutzung. Obwohl das Ensemble Modern keine industrielle Produktion betreibt, waren Nachhaltigkeitsmaßnahmen im Bereich Beleuchtung, Heizung, Belüftung, IT-Infrastruktur und Abfallentsorgung zentrale Themen.
Durch die Teilnahme an EcoProfit erhielt Ensemble Modern eine strukturierte Anleitung zur Umsetzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen, die ihren Betrieb mit ökologischer Verantwortung in Einklang brachten und gleichzeitig die Ressourcennutzung optimierten.
Daten und Zusammenarbeit
Ein besonders zeitaufwändiger Aspekt der Teilnahme an EcoProfit war die Datenerhebung. Während einige Informationen leicht verfügbar waren, erforderten andere Datenpunkte umfangreiche Recherchen. Um diesen Prozess zu unterstützen, wurden zwei bis drei individuelle Beratungsgespräche mit EcoProfit-Agenten angeboten, die bei der Untersuchung, Überprüfung und Dokumentation der notwendigen Daten halfen. Das Hauptziel dieses Prozesses war es, die gesammelten Daten zu nutzen, um Umwelt- und Wirtschaftseinsparungen beim Ensemble Modern zu identifizieren. Durch das Tracking dieser Zahlen über die Jahre kann die Organisation ihren Fortschritt in den Nachhaltigkeitsbemühungen überwachen.
Obwohl Johannes (der Fagottist) und Kathrin an den meisten Workshops teilnahmen, war die Umsetzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen eine gemeinschaftliche Anstrengung. Ein kleines internes Team von vier Personen, darunter Büropersonal und Musiker*innen, wurde gebildet, um Nachhaltigkeitsinitiativen zu besprechen, zu priorisieren und zu entscheiden.
Herausforderungen und Ausblick
Eine bedeutende Herausforderung des EcoProfit-Programms war der starke Fokus auf bauliche Nachhaltigkeitsmaßnahmen. Das Ensemble Modern besitzt das Gebäude, in dem seine Büros und Proberäume untergebracht sind, nicht. Das Ensemble teilt die Räumlichkeiten mit drei anderen Institutionen, was es schwierig macht, bestimmte bauliche oder energetische Verbesserungen unabhängig umzusetzen. Da sie weder die Eigentümer noch direkte Mieter des Gebäudes sind, ist ihre Fähigkeit, Nachhaltigkeitsänderungen durchzusetzen, begrenzt. Trotz dieser Herausforderungen setzt das Ensemble Modern weiterhin praktische, organisationsspezifische Nachhaltigkeitsmaßnahmen um und nutzt das EcoProfit-System innerhalb ihrer betrieblichen Rahmenbedingungen optimal.
Ergebnisse und weitere Schritte
Ensemble Modern legte beim Abschluss des EcoProfit-Programms eine umfassende Abschlussdokumentation vor. Der Prozess endete mit einer einstündigen Online-Prüfung durch eine Zertifizierungskommission, bei der das Ensemble die bereits umgesetzten Nachhaltigkeitsmaßnahmen sowie zukünftige Pläne darlegte, wie:
- Bevorzugung von umweltzertifizierten Büromaterialien und Elektronik wie dem Blauen Engel und Energy Star
- Verwendung von zertifiziert nachhaltigem Papier für Büro-Drucker und gedruckte Medien
- Bevorzugung von refurbished elektronischen Geräten
- Implementierung einer neuen Reisepolitik, die Mitarbeiter:innen dazu verpflichtet, Zugreisen für Fahrten unter acht Stunden statt Flüge zu nutzen
- Einführung eines gefilterten Trinkwassersystems zur Reduzierung von Plastikmüll
Um die Nachhaltigkeitsbemühungen fortzusetzen, gründete das Ensemble Modern ein Klimagremium, das regelmäßig Nachhaltigkeitsinformationen für Mitarbeiter*innen und Besucher*innen aktualisiert. Langfristig entwickelte das Ensemble auch eine Umwelt-Richtlinie, die jetzt öffentlich auf ihrer Website zugänglich ist.
Nach einem Jahr intensiver Arbeit erhielt das Ensemble Modern das EcoProfit-Zertifikat, das einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit markiert. Diese Zertifizierung bietet eine Grundlage für zukünftige Verbesserungen in der Energieeffizienz, der Abfallreduzierung und einem ökologischen Betrieb.
Obwohl der EcoProfit-Prozess eine zusätzliche Arbeitsbelastung mit sich brachte, empfand das Ensemble das Programm als sehr lohnend. Es half ihnen, eine strukturierte Herangehensweise zu entwickeln und ihre Fortschritte besser zu planen und nachzuverfolgen. Ein wichtiges Ergebnis des Prozesses war die Erkenntnis, wie wichtig es ist, den Anfangszustand der Organisation zu dokumentieren, um Verbesserungen im Laufe der Zeit effektiv messen zu können.
Ensemble Modern betrachtet ihre Nachhaltigkeitsreise als einen fortlaufenden Prozess und wird weiterhin nach Möglichkeiten suchen, ihre Umweltleistung zu verbessern und andere im Kulturbereich zu inspirieren, es ihnen gleichzutun.
ENSEMBLE RESONANZ
Maike von Bredow (Assistenz der Geschäftsführung und Nachhaltigkeitskoordination) und Thore Strothmann (Kaufmännische Leitung) des Ensemble Resonanz in Hamburg gaben Einblicke in die Struktur und Nachhaltigkeitsinitiativen des Ensembles.
Das Ensemble Resonanz ist ein in Hamburg ansässiges Streichorchester, das sich durch seine unabhängige Struktur auszeichnet. Im Gegensatz zu staatlich geförderten Orchestern erhält das Ensemble nur begrenzte staatliche Unterstützung, was mehr Flexibilität bei organisatorischen und programmatischen Entscheidungen ermöglicht. Seit mehreren Jahren ist das Ensemble in der Elbphilharmonie Hamburg ansässig und hat auch einen eigenen Club gegründet: den Resonanzraum. Dieser befindet sich in einem Bunker nahe der Reeperbahn und dient nicht nur als Probenraum, sondern auch als Veranstaltungsort für eigene Konzertreihen.
CO₂-Bilanzierung und Nachhaltigkeitsziele
Ein Schwerpunkt der Präsentation war die erstmalige Berechnung des CO₂-Fußabdrucks des Ensembles in diesem Jahr. Diese Berechnung umfasste nicht nur den Energieverbrauch für Proben und Tourneen, sondern auch den Betrieb des eigenen Clubs, einschließlich der technischen Infrastruktur (Beleuchtung und Soundsysteme). Da die Musiker*innen selbst Eigentümer des Ensembles sind, besteht eine starke intrinsische Motivation, nachhaltige Lösungen zu finden. Ein Beispiel hierfür ist die bewusste Entscheidung, innerhalb Europas so oft wie möglich mit dem Zug zu reisen, trotz längerer Reisezeiten und höherer Kosten. So wird beispielsweise die Strecke Hamburg-Wien per Nachtzug zurückgelegt.
Das Ziel der CO₂-Berechnung ist es, genaue Daten zu den Emissionen zu sammeln, um gezielte Reduktionsmaßnahmen umzusetzen.
Nachhaltigkeit als Chance für neue Partnerschaften
Zusätzlich hofft das Ensemble, dass die Nachhaltigkeitsbemühungen neue Finanzierungsmöglichkeiten eröffnen. Hamburg gilt als »Stiftungskapital« mit zahlreichen Förderinstitutionen, die zunehmend nachhaltige Projekte unterstützen. Das Ensemble Resonanz genießt bereits einen hohen Ruf in der Hamburger Kunst- und Kulturszene. Durch Nachhaltigkeitsinitiativen könnte dieser Ruf weiter gestärkt werden, was zu neuen Partnerschaften mit Stiftungen und Sponsoren führen könnte.
Publikumsengagement und Kommunikation
Auch das Engagement des Publikums spielt eine entscheidende Rolle: Viele der Abonnent*innen des Ensembles kommen aus juristischen Berufen und haben ein großes Interesse an Nachhaltigkeitsthemen. Daher untersucht das Ensemble Möglichkeiten, wie Nachhaltigkeitsstrategien in die Kommunikation mit dem Publikum integriert werden können.
Fonds Zero: Unterstützung für klimaneutrale Produktionen
Seit dem 24. September 2023 ist Ensemble Resonanz Teil des Fonds Zero, einer Initiative der Kulturstiftung des Bundes, die Kulturinstitutionen dabei unterstützt, klimaneutrale Produktionsmethoden zu entwickeln. Diese Förderung ist projektgebunden, was bedeutet, dass sechs der Urban String-Konzerte des Ensembles finanzielle Unterstützung erhalten. Diese Konzerte finden in einer Club-ähnlichen Atmosphäre im Resonanzraum statt. Im Rahmen des Fonds Zero wird das Ensemble ein Konzept für klimaneutrale Urban String-Konzerte entwickeln, wobei der Fokus auf Themen wie Klimawandel und Umweltschutz liegt.
Darüber hinaus gewährt die Teilnahme Zugang zur Zero Academy, die Workshops, regionale Networking-Events und Unterstützung durch ARCOM bietet – die gleiche Agentur, die das Ensemble Modern bei der Berechnung des CO₂-Fußabdrucks unterstützt hat.
Berechnung des CO₂-Fußabdrucks
Die Teilnahme am Fonds Zero bringt jedoch auch Verpflichtungen mit sich: Das Ensemble muss sowohl den Unternehmens-CO₂-Fußabdruck (der die gesamten Emissionen des Unternehmens für das Jahr 2023 umfasst) als auch die Produkt-CO₂-Fußabdrücke für die sechs geförderten Konzerte berechnen. Am Ende des zwei Jahre laufenden Zero-Projekts wird das Ensemble sieben Fußabdruckberechnungen abgeschlossen haben.
Zur Erstellung von Null-Emissionen-Konzepten ist es notwendig, die Emissionen zu verstehen und zu messen. Die Berechnung folgt dem international anerkannten Rahmenwerk für Scope 1, Scope 2 und Scope 3-Emissionen:
- Scope 1: Direkte Emissionen durch Brennstoffverbrennungsprozesse an stationären und mobilen Anlagen vor Ort (Heizwerke, Automobile, physikalische oder chemische Prozesse, Lecks und Diffusionen von Kältemitteln aus Kühlsystemen, etc.)
- Scope 2: Indirekte Emissionen durch Energie aus dem Netz (Produktion und Transport von Strom und Heizungs-Emissionen)
- Scope 3: Alle anderen indirekten Emissionen
Jede Fußabdruckberechnung erfordert, dass Grenzen gezogen werden, was gemessen wird. Mit der Hilfe von ARCOM identifiziert das Ensemble Resonanz die wichtigsten CO₂-Treiber, indem es die Verfügbarkeit von Daten, die Emissionsauswirkungen und den Grad der Kontrolle, den die Organisation über jeden Faktor hat, berücksichtigt.
Schlüsselbereiche des CO₂-Fußabdrucks
Einige Schlüsselfaktoren, die in die Berechnung einfließen:
- Publikumsmobilität: Gemessen für Konzerte im Resonanzraum und der Elbphilharmonie, bei denen das Ensemble regelmäßig auftritt. Reisen des Publikums zu einmaligen Veranstaltungsorten werden aufgrund fehlender Daten und Kontrolle ausgeschlossen.
- CD- und Vinylproduktion: Auch wenn dies einen geringen Beitrag zu den Emissionen leistet, wird es berücksichtigt, da das Ensemble diese Aspekte vollständig kontrolliert.
- Abwasser: Eingeschlossen, während allgemeiner Abfall aufgrund der Kontrolle durch das Venue-Management ausgeschlossen ist.
Hauptherausforderungen und langfristige Ziele
Die erste Analyse zeigt zwei Hauptfaktoren, die erheblich zum CO₂-Fußabdruck des Ensembles beitragen:
- Energiequellen: Das Ensemble hat derzeit keinen Anbieter für erneuerbare Energien, was ein leicht zu adressierendes Problem mit erheblichen Auswirkungen ist.
- Mobilität (Touring und Publikumsverkehr): Wie zu erwarten, bleibt Reisen der wichtigste Faktor, sowohl für Musiker*innen als auch für das Publikum. Trotz der Bemühungen, Reisen mit dem Zug zu priorisieren, gibt es noch Einschränkungen, die die vollständige Klimaneutralität zu einer langfristigen Herausforderung machen.
Wie viele Kulturinstitutionen steht Ensemble Resonanz vor der komplexen Aufgabe, Nachhaltigkeit mit praktischen Einschränkungen in Einklang zu bringen. Die Organisation wird ihren Ansatz weiterhin verfeinern und möglicherweise Scope-3-Faktoren im Laufe der Zeit ausweiten. Das Erreichen echter Klimaneutralität ist ein fortlaufender Prozess, aber durch die Teilnahme am Zero-Fonds unternimmt das Ensemble bedeutende Schritte in Richtung nachhaltigerer Betriebsabläufe.