Opposite Editorial: Wakaba Kimura

field notes #42

30 April, 2025 | Wakaba Kimura

wakaba kimura mit einer Taucherbrille
©Niloofar Asghary

Liebe Leser*innen,

was ist Euch wichtig? Im Alltag, bei der Abendplanung, aber auch bei so grundlegenden Entscheidungen wie der Wahl des eigenen Wohnorts? Wir müssen immer wieder überprüfen, was wir wertschätzen und was uns das tatsächlich wert ist. Geht das auch bei Musik? Was ist uns das Erleben von Musik – die Auseinandersetzung mit den Werken von Künstler*innen – wert? Viele von uns können und wollen ohne diese Erlebnisse nicht leben. Und würden Berlin vielleicht sogar den Rücken kehren, wenn es sie fortan nicht mehr gäbe.

Zehn Euro. Das ist der Preis, den die Konzertreihe biegungen im ausland bislang dafür verlangt hat, allen mit offenen Ohren und einem offenen Geist solche Erlebnisse zu ermöglichen. Die Musikauswahl stand dabei unter dem losen Motto »outlandish sounds for outspoken ears« – eine Formulierung, die sich der ehemalige biegungen-Kurator Mathias Maschat (mittlerweile Leiter des exploratorium berlin) ausgedacht hatte, die aber auch für uns Nachfolger*innen gut funktionierte. Als Co-Kuratorin habe ich diese Reihe in ihrem 22. Jahr mit übernommen, und gemeinsam mit meinem Team haben wir das ganze Jahr 2024 über Konzerte organisiert und veranstaltet. In diesem einen Jahr allein konnten wir 15 Abende mit 86 Musiker*innen aus 15 Ländern veranstalten.

Möglich war das nicht nur, weil die Berliner*innen unser Programm schätzen, sondern auch, weil die Konzertreihe vom Berliner Senat und Förderinstitutionen unterstützt wurde. So wurde biegungen zu einem Raum für radikalen Ausdruck, der nicht auf Popularität oder Erfolg abzielt, weder hedonistisch noch stoisch ist, frei von Erwartungen, eine Plattform für ernste und bezaubernde Musik. Nun muss ich die traurige Nachricht überbringen, dass biegungen wegen ausbleibender Finanzierung pausieren muss. Wir sind auf der Suche nach neuen Mitteln und planen, bald wieder am Start zu sein. In der Zwischenzeit gibt es noch viele schöne Dinge in Berlin, auf die man sich freuen kann.

Im Mai spielt die Saxofonistin und Komponistin Camila Nebbia in der Kuppelhalle im silent green eine ihrer seltenen Solo-Shows. Auch dabei an diesem Abend ist das Duo Giridhar Udupa & Shackleton. Die Organ Sequences in der Taborkirche sind zu einer festen Größe für einen ruhigen Wochenausklang geworden. Im Juni spielen dort Biliana Voutchkova, Dylan Kerr und der fantastische japanische Gitarrist Shun Momose. Ich hoffe, Euch dort zu sehen!

– Wakaba Kimura


Wakaba Kimura arbeitet hinter den Kulissen der Berliner Kulturszene. Sie ist Co-Kuratorin und Eventmanagerin der biegungen im ausland, und arbeitet tagsüber bei der transmediale im Admin-Team.

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field notes Magazin #42: Mai–August 2025

In dieser Ausgabe porträtieren wir das Splitter Orchester und gratulieren Labor Sonor zum 25-jährigen Bestehen. Außerdem sprachen wir mit LUX:NM, Rebecca Saunders und Enno Poppe – und planen Ausflüge nach Brandenburg.

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Seit 15 Jahren improvisiert das Berliner Splitter Orchester im Großverband. Wir haben das Orchester bei einer Probe besucht und die Mitglieder Burkhard Beins und Emilio Gordoa zum Gespräch getroffen.

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