Opposite Editorial: Peter Ablinger
field notes #30
1. Januar 2023 | Peter Ablinger
Wir – die Komponist*innen, die Klangkünstler*innen, die Künstler*innen – müssen zugeben, dass wir keine adäquaten Möglichkeiten haben, auf die Klimakrise einzuwirken, über keine Mittel verfügen, der Zerstörung der Welt durch den globalen Kapitalismus entgegenzutreten. Wir können nichts tun.
Wir haben versagt und versagen jeden Tag aufs Neue. Wir sind gescheitert. Gibt es (wenigstens) noch die Möglichkeit, dieses Nichts-Tun-Können, das Versagen, das Scheitern nicht beschämt verbergen zu wollen, sondern im Gegenteil demonstrativ vorzuführen? Wir sollten uns das Büßergewand anziehen, einen Strick um den Hals hängen, und so vor den Kaiser ziehen, damit allen unsere klägliche Situation offenbart wird.
Die Kunst sollte den Offenbarungseid ablegen! Die Kunst sollte zum Generalstreik aufrufen!
Was gibt es Schöneres? Kaum etwas haben die Philosoph*innen so gefeiert wie den Abgrund. Das Schaudern davor. Genuss pur. Und wie viele angesagte Abgründe haben wir nun schon überlebt? Den jüngsten Tag des Jahres 1000 ... Das andere Tausendjährige Reich ... Den Untergang des Abendlandes ... Die Kalter-Krieg-Apokalypse der 80er Jahre ... Und jetzt? Ist es diesmal die richtige Apokalypse? Der richtige Abgrund? Wird es diesmal klappen?
Es wird schon klappen. Mach dir keine Sorgen. Es wird schon.