Nachruf Bettina Junge

Bettina Junge
©Heike Streich

In tiefer Trauer nehmen wir Abschied von Bettina Junge, die als Flötistin und künstlerische Leiterin des von ihr 1997 mitbegründeten Berliner ensemble mosaik die zeitgenössische Musikszene in Berlin nachhaltig geprägt hat.

Auf den zu frühen Tod von Bettina Junge reagierte die Szene mit einer Welle der Anteilnahme. In zahlreichen Beiträgen war immer wieder die Rede von der »ensemble mosaik Familie« – einer Familie, die sie als künstlerische Leiterin mehr als 20 Jahre mit Herzblut und klaren Visionen zusammenhielt. Bis heute besteht ein großer Teil des Ensembles aus seiner Originalbesetzung, und wenn es zu Änderungen kam, dann fast ausschließlich durch Erweiterungen. Diese Kontinuität zeugt von dem großen Vertrauen, das ihre Mitmusiker*innen Bettina Junge entgegenbrachten. Selbst Gründungsmitglied des Ensembles, kannte sie dessen enormes Repertoire in- und auswendig und wusste daraus virtuos Programme für die unterschiedlichsten Kontexte zusammenzustellen. Dabei waren ihre Ideen immer aus der Musik heraus gedacht.

Die unzähligen Projekte, die unter ihrer künstlerischen Leitung entstanden, entwickelte sie mit außerordentlichem Interesse für neue Stimmen, einem starken Bewusstsein für die individuellen Profile der Musiker*innen und in engem Austausch mit allen Beteiligten. Dabei war ihre Devise stets, zu ermöglichen. Ob Komponist*innen ihre Konzepte spontan über den Haufen warfen, neu entwickelte Instrumente erst zur Generalprobe fertig waren, spezielle Räume benötigt wurden oder eine Pandemie dazu zwang, ein Projekt komplett neu zu denken. Irgendwie ging es immer und es ging gut. Denn neben ihren künstlerischen Qualitäten war Bettina Junge eine sorgfältige und weitsichtige Managerin, die mit Probenplänen jonglierte, Jurys und Veranstalter*innen mit Konzepten überzeugte und immer ein Auge auf aktuelle Entwicklungen in der Szene hatte.

Von 2013 bis 2017 war Bettina Junge Vorstandsmitglied der inm – intiative neue musik berlin e.V., wo sie sich für die kulturpolitischen Interessen der zeitgenössischen Musikszene in Berlin einsetzte. Während ihrer Amtszeit war sie u.a. an der Entstehung der field notes Plattform beteiligt und prägte deren Anfänge entscheidend mit. Auch nach ihrem Ausscheiden aus dem Vorstand blieb Bettina Junge der inm eng verbunden und war aufgrund ihrer tiefen Kenntnisse der Berliner Kulturpolitik und ihrem feinen Gespür für die Bedarfe der freien Musikszene weiterhin geschätzte Ansprechpartnerin. Ihr Engagement galt insbesondere den Belangen der Berliner Ensembles, weit über die Interessen ihres eigenen Ensembles hinaus. So war sie auch eine treibende Kraft bei der Gründung des EnsembleKollektiv Berlin, das die Vielfalt der zeitgenössischen Berliner Musiklandschaft in einem solidarischen Superensemble spiegelt. Ihr sachliches, feinfühliges und ruhiges Wesen sowie ihr unermüdliches Engagement werden uns allen in bester Erinnerung bleiben.

Bettina Junge ist am 17. Juli 2024 im Alter von 56 Jahren verstorben.

Als Interpretin hatte sie sich mit der Uraufführung von »lucid dreaming« für Flöte solo von Liza Lim von der Konzertbühne im Juni 2023 verabschiedet.

ensemble mosaik · Liza Lim / lucid dreaming (2022) UA for flute solo

Bettina Junge und ihr Hund Atari

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