Opposite Editorial: Christian Lillinger

field notes #12

1. Mai 2019 | Christian Lillinger

Liebe Leser*innen, 

ich bin hier in der verantwortungsvollen Situation, Veranstaltungen der zeitgenössischen Musik in Berlin zu empfehlen. Ich betrachte das Zu-Konzerten-Gehen als Recherche. Kreativität braucht Recherche. Recherche bildet den wesentlichen Aspekt der Kritik. Kritische Reflexion von einem konkreten Werk ist wesentlich, um künstlerische Entwicklungen von Ästhetik und Sprache im Gesamtwerk eines*r Künstlers*in einzuordnen. Der kontinuierliche Schaffensprozess ist wesentlich, um eine starke, diskursive Position in der Zeit aufzubauen. Neue Ansätze in Strukturen und Verfahren finden durch die Form der Musik ihren Ausdruck. Kritik ist wesentlich, um Strukturen zu brechen und neu zu verschalten. Der Begriff »zeitgenössisch« ist für mich mit der direkten musikalischen und politischen Fragestellung »Wo sollte oder könnte es hingehen?« verbunden. OK! Hier meine Empfehlungen: 

9. Mai, 19 Uhr, Emmauskirche: »Peter Evans Solo-Trompete« kann ich sehr empfehlen, da er zurzeit einer der interessantesten Improvisator*innen auf der Trompete ist. Extrem physisch! 

16. Mai, 20 Uhr, Nikolaisaal Potsdam: »Konzert KAPmodern… ich bin ein Fremdling überall« ist ein Abend mit sehr wichtigen Komponist*innen der Neuen Musik: Alfred Schnittke, Luigi Nono, Giacinto Scelsi, Dmitri Schostakowitsch. 

19. Mai, 20 Uhr, Konzerthaus Berlin: »Les espaces acoustiques« von Gérard Grisey ist ein Wahnsinnswerk, wie ich finde. Ich bin ein großer Fan von Grisey und des Stückes. Grisey ist einer der wichtigsten Komponist*innen der spektralen Musik. Unbedingt checken! 

22. Mai, 20 Uhr, Kesselhaus in der Kulturbrauerei Berlin: Bei »augmented instruments I« freue ich mich auf die Auftragskompositionen und die sehr zeitgemäße Fragestellung des Einbeziehens von Raum: Hier werden Kompositionen und Bearbeitungen in Auftrag gegeben, bei der die klangliche und räumliche Instrumentenwirkung elektronisch individuell manipuliert werden. 

17. Juni, 20 Uhr, Konzerthaus Berlin: »2x hören zeitgenössisch« mit Christian Jost (Luciano Berio »Linea« für zwei Klaviere, Vibraphon und Marimba) ermöglicht einen tieferen Einblick der Ansätze der Komponist*innen und Interpret*innen. 

Viele interessante Eindrücke und Ansätze wünscht 

Christian Lillinger

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