Am 1. und 2. Oktober luden die inm / field notes und die Akademie der Künste zum dritten Teil des Symposiums »Time to Listen« zur Nachhaltigkeit in der zeitgenössischen Musik ein. In offenen Gesprächsrunden, künstlerischen Interventionen und Performances, einem gemeinsamen Essen und Fachvorträgen zwischen Musik, Politik und Wissenschaft richtete sich der Fokus auf klangästhetische Ansätze zum Themenkomplex der Klima(un)gerechtigkeit.
Die Klimakrise ist global und doch treffen ihre Folgen nicht alle Menschen gleich: Länder des Globalen Südens tragen die Hauptlast der Umweltveränderungen, die sich in Überschwemmungen, Dürren, Ernteausfällen und kollabierenden Ökosystemen äußern. Auch innerhalb von Gesellschaften haben diskriminierte und marginalisierte Bevölkerungsgruppen weniger Möglichkeiten, sich den Klimafolgen anzupassen, weshalb die Klimakrise als Verstärker von sozialer Ungerechtigkeit wirkt. Gleichzeitig sind es gerade diese Länder und gesellschaftlichen Gruppen, die am wenigsten zur Klimakrise beitragen. Dennoch finden die Stimmen der am stärksten Betroffenen in der globalen Klimapolitik nur selten Gehör. Stattdessen geben in erster Linie die für die Klimakrise verantwortlichen Länder des Globalen Nordens den Ton an.
Bei dem Übergang unserer Gesellschaften zu einer gerechteren und nachhaltigeren Zukunft können Klang und Musik eine bedeutende Rolle spielen. Durch Praktiken des Hörens bzw. des Zuhörens können wir ein tieferes Verständnis von unserer sich stetig verändernden Umwelt vor dem Hintergrund des Klimawandels gewinnen und unser Gehör auf jene menschliche und nicht-menschliche Akteure richten, die bislang überhört wurden. Klang und Musik können starke und konstruktive Narrative vermitteln und eine kollektive Vorstellung unserer Zukunft formen, die nicht nur ökologisch nachhaltig, sondern auch fair und gerecht in einem globalen Kontext ist. Mit diesen thematischen Rahmen schlagen wir auch einen Bogen zu vorangegangen Symposien zur Dekolonisierung und Diversität in der neuen Musik.
In einer Keynote stellte die Philosophin Eva von Redecker Gedanken aus ihrem Buch »Bleibefreiheit« vor, das sie selbst als einen Essay über Leben, Tod und Schwalben beschreibt. Angesichts der wütenden Klimakrise und Kriege, die ganze Landstriche unbewohnbar machen, regt sie dazu an, den Begriff der Freiheit neu zu denken: als die Freiheit, an einem Ort zu leben, an dem wir bleiben könnten.
Mit Manos Tsangaris (Begrüßung), Eva von Redecker (Keynote), Peter Cusack, Jorge Zurita, Futures Of Listening, Danish Climate Network, Hany Tea & Cavid Dhen, Nico Daleman, Banu Çiçek Tülü, Beltràn Gonzalez, Claudia Von Hasselt, Nicolas Wiese, Adnan & Nina Softić, Karen Power, Suk Jun Kim, Jiyoung Yoon, Yeabon Jo, Wahyu Budiman Dasta (Walay), Van Luber Parensen, Helmi Yusron, Hafiz Rancajale, Elsa M'bala, Karen Power, Alejandra Borea, Kirsten Reese, Alexandra Nehmer, Bernhard König, Dr. Carla J. Maier, Eckhard Roelcke, Jovana Popić, Iris ter Schiphorst, Cécile Wajsbrot, Petja Ivanova, Gugulethu Duma, Marina Cyrino / Matthias Koole / Angélica Freitas, Nathan Gray, Álvaro G. Díaz Rodríguez, Ute Wassermann, Dr. Sebastian Brünger, Reimar Volker, Gregor Hotz, Sophie Aumüller, Björn Gottstein, u.a.
Akademie der Künste, Hanseatenweg
Di. 1. + Mi. 2. Oktober 2024